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Wann man auf den Polfilter verzichten soll

Seit vielen Jahre verwende ich mit Freuden optische Filter in der Fotografie. Mein erster Filter war damals der Polfilter. Dieser ist nach wie vor mein meistverwendeter Filter, doch es gibt einige Momente, wo man sie nicht braucht oder auch nicht verwenden sollte.

Licht

Es gibt unterschiedliche Lichtarten und auch Lichtqualitäten. Die Unterteilung in Kategorien ist doch sehr subjektiv. Vielleicht ist es auch nicht immer notwendig, die Dinge zu sehr zu ordnen und zu katalogisieren. Je nachdem auf welchem Breitengrad man sich befindet und wie die landschaftliche Beschaffenheit ist, kann man unterschiedliche Lichtsituationen erwarten. Auch das Wunschmotiv hängt sehr stark von den Lichtsituationen ab. Häufig fällt die Entscheidung, ein bestimmtes Motiv zu fotografieren, doch eher unterbewusst und wird vom Licht und der Stimmung gesteuert. Alles eine Frage der Übung.

Das Beobachten

In absolut jeder Art der Fotografie ist beobachten unglaublich wichtig und für wirklich herausragende Bilder entscheidend. Je häufiger man die Beobachtung von Licht, Schatten, Motiv und Farben übt, umso schneller findet man auch den passenden Ausschnitt. Das Beste an der Beobachtung ist aber mit Abstand, dass man dazu kein teures Equipment benötigt, nirgends hinfahren muss und es absolut kostenfrei ist. Jetzt, wenn du das liest und durch den Raum blickst, in dem du dich befindest. Was fällt dir auf? Wie ist das Licht? Wo tauchen Schatten auf und wie stark sind diese? Vielleicht ist es auch komplett finster und die Schatten dominieren oder es ist alles hell und diffus und es gibt kaum Schatten.

Direktes Licht

Das direkte Licht ist, wie der Name schon sagt, Licht welches direkt auf ein potentielles Motiv scheint. Natürlich kann auch hier die stärke des Lichtes variieren. Wenn man an den grellen Sonnenschein zu Mittag denkt, ist das direkte Licht anders als am Abend bei Sonnenuntergang. Trifft das direkte Licht auf ein Motiv, so sind auch die Schatten sehr deutlich abgegrenzt. Es gibt viele tolle Motive, die von direktem Licht sehr stark profitieren. Beispielsweise hat eine Landschaftsaufnahme mit direktem Licht auf einen Teilbereich im Bild einen hohen dynamischen Umfang und somit einen starken Kontrast. Das Bild ist automatisch kraftvoller, als ein subtiles Bild mit niedrigem Kontrast. Natürlich reicht das alleine noch nicht für ein herausragendes Bild doch, es ist eine weitere Zutat für gelungene Aufnahmen.

Reflektiertes Licht

Was ist eigentlich reflektiertes Licht?

Wie der Name schon sagt ist es Licht, das von einer Oberfläche reflektiert wird. Je nachdem wie die Beschaffenheit dieser Oberfläche ist, ist auch die Lichtqualität, die beim Motiv ankommt. Das Licht könnte zum Beispiel von einer leichten Wolkendecke reflektiert werden. Diese weiße Wolkendecke würde in der Farbe des Lichts erstrahlen und die Lichtstrahlen diffus in alle Richtungen aussenden. Somit wäre die gesamte Szene gleichmäßig in dieses Licht getaucht. Stehen Wolken am Himmel, so hat man auch bei direktem Licht vom Sonnenuntergang einen Teil an reflektiertem Licht. Diese gemischte Form kann ganz besonders dramatische Ergebnisse erzielen.

Mit dem Einsatz von Polfilter und ohne das reflektierte Licht.

Mit reflektiertem Licht auf den Steinen im Vordergrund. 

Wann der Pol-Filter im Rucksack bleibt.

Bei dem Beispielbild habe ich zwei Mal die genau gleiche Szene fotografiert und doch könnten die Bilder nicht verschiedener sein. Auch die digitale Entwicklung der beiden Aufnahmen war genau gleich. Und doch wirken die beiden Bilder ganz anders. Die feuchten Steine haben eine glänzende und reflektierende Oberfläche. Diese Reflexionen kann ich für die Gesamtwirkung der Bilder nutzen, oder aber mit einem Polfilter reduzieren. Entscheide ich mich dafür die Spiegelungen zu reduzieren, dann bleibt eine samtige Wirkung der Steine und die Details in der Oberfläche sind deutlicher erkennbar. Die Strahlkraft des Lichts an dieser Stelle ist jedoch deutlich geringer.

Ich habe mich bei diesem Bild für die Spiegelungen entschieden und auch bewusst Standorte für meine Kamera gesucht, wo diese verstärkt zu sehen waren. Zusätzlich habe ich auch noch darauf geachtet, dass die Linienführung im Bild ansprechend ist. Die Gräser und Risse führen aus den Ecken in die Bildmitte. Dort liegen auch gut strukturierte und markante Steine. Das Hauptmotiv ist die Bergkette im Hintergrund und das schöne Morgenlicht. Wie bei den meisten Bildern gibt es mehrere Elemente die die Hauptaussage sowie die Gesamtstimmung unterstützen.

Diese feinen Details sind mir besonders bei meinen Fotoworkshops und Reisen wichtig. Die Grundlagen sowie die Technik beherrscht man schnell. Da funktionieren auch gewisse Regeln und Richtwerte. An der Komposition und der Bildaussage kann man jedoch sein gesamtes Leben arbeiten und diese verbessern. Passend dazu fällt mir folgender Spruch ein:

„A camera is a tool for learning how to see without a camera.” Dorothea Lange