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Natürlich bin ich nicht der erste Mensch, der Island aus der Luft fotografiert hat und durch den Einsatz von Drohnen sind Luftbilder schon fast zur Gewohnheit geworden. Dennoch eröffnet der Anblick von oben ganz neue Möglichkeiten und Bildwinkel. Gleichermaßen wie die Potenziale gibt es auch genügend Herausforderungen, die man bei den Luftbildern beachten sollte.

Der Morgen beginnt früh in einer kleinen, verschlafenen Stadt in den Westfjorden. Unser Zelt ist dick mit Raureif bedeckt und die kühle Luft lässt unsere Bewegungen noch langsam und gemächlich vor sich gehen. Der Weg, den wir vor uns haben, führt uns in Richtung Süden, wo wir am „Eingang zu den Westfjorden“ noch ein letztes Mal in einer heißen Quelle baden wollen. Alleine der Gedanke daran, wie die eiskalten Zeltstangen an meinen nassen Fingern kleben bleiben, lässt mein Herz höher schlagen. Nach dem angenehmen Bad und unserem Frühstückskaffee geht die Reise weiter in die Hauptstadt, wo wir noch bei der ältesten Bäckerei Islands, der Bernhöfsbakari Halt machen, um eine kleine Stärkung zu uns zu nehmen. Jetzt geht alles schnell und wir stehen vor einem kleinen Schuppen neben dem Stadtflughafen von Reykjavik. Wir spazieren durch die Tür und Halldor begrüßt uns herzlich, weiter geht’s durch die Hintertür zur kleinen Cessna, die ich ohne Probleme überblicken kann. Einsteigen und schon geht’s los. Als wir die Stadt hinter uns lassen, beginnt mein Grinsen immer breiter zu werden. Diese wunderschönen Strukturen im Lavagestein, die grünen Moose und von den Schafen ausgetrampelten Wege. Unsere Route führt uns vorbei an einem spiegelnden See zu den wunderschönen Formationen des ersten Flusses. Das sedimenthaltige Wasser vom Gletscher besticht durch seine milchige, türkisgrüne Farbe.

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Die wichtigsten Gegenstände in der Luft

Ich bin sehr froh darüber, dass ich zwei Kameras mitnehmen konnte und vor allem, dass ich einige Bilder mit 100 Megapixel und damit perfekt für den Druck geeignet aufnehmen konnte. Mit einem Weitwinkelzoom von ca. 25-50mm (Vollformatäquivalent) und dem 70-200 an meiner Nikon, konnte ich eine große Bandbreite abdecken. Damit mir auch keine der beiden Kameras aus dem Fenster fällt, habe ich sie mit dem Peakdesign-Gurt verbunden, also beide Kameras an einem Gurt befestigt. Hat super funktioniert. Die wichtigste Sache allerdings war mit großem Abstand der Polfilter. Hätte ich nicht an beiden Kameras meinen Nisi True Color Polfilter (Achtung Werbung!) gehabt, wären einige Fotos völlig ohne Wirkung geblieben. Unglaublich, wie intensiv die Farben erst durch den Filter entstanden sind. Die spiegelnden Wasserflächen ebenso wie die faszinierenden Farbtöne des Hochlands konnten erst so richtig durch die Filter zum Leben erweckt werden. Also wenn du irgendwann einmal aus der Luft Aufnahmen machen willst, unbedingt Polfilter mitbringen.

Die Motive sehen

Alles geht sehr schnell und die vorbeiziehende Landschaft offenbart sich erst kurz bevor sie schon wieder vorbei ist. Auch die Flügel und Räder sind teilweise im Weg. Wie an Land gibt es sehr viele Dinge, auf die man aus der Luft achten kann. Je mehr Übung du hast und je mehr Zeit du schon in die Motivsuche gesteckt hast, umso schneller wirst du nun sein. Hilfreich ist auch, wenn du dir ungefähr vorstellen kannst, welchen Bereich deine Kameras abdecken können, um Motive zu finden. Das ist ebenso reine Übungssache. Da ich persönlich einen sehr starken Hang zu abstrakteren Bildern, die von Farbe und Einfachheit leben, habe, sehe ich diese Art von Motiven etwas einfacher. Die unaufdringlichen, minimalistischen Bilder sprechen mit mir sehr laut und bereits bei der Aufnahme denke ich teilweise an die Änderung des Seitenverhältnisses oder die Entwicklung im Allgemeinen.

Einstellungen an der Kamera

Zuerst musste ich vom Piloten wissen, welche Brennweite Sinn machen würde. Glücklicherweise fotografiert er selbst auch und so konnte ich die Frage direkt an ihn stellen. Da ich bei der Fotografie im Vorbeifliegen Turbulenzen erwartete und auch die Blende nicht großartig verändern wollte, stellte ich Zeit und Blende auf Manuell. Ich entschloss mich dazu mit 1/1000 sec und Blende f/8 zu starten. Die ISO ließ ich auf Automatik, um noch die wechselnde Lichtsituation zu kompensieren. Für die Motive mit überwiegend schwarzem Sand, verwendete ich die Belichtungskorrektur +/- um eine Überbelichtung zu vermeiden. Glücklicherweise war an diesem Tag genügend Licht vorhanden und trotzdem sind manche Bilder bei relativ hoher ISO aufgenommen. Prinzipiell fotografiere ich zum größten Teil mit Backbutton-Autofokus und bin sehr zufrieden damit. In diesem Fall wäre der Autofokus am Auslöser besser geeignet gewesen. Der Platzmangel im Flugzeug und die verdrehte Position sind schon fordernd genug. Damit die Belastung auf das Objektivbajonett nicht zu intensiv ausfiel, hatte ich die Kamera mit einer Hand und die andere Hand am Objektiv. Somit konnte ich auch direkt den Zoom-Ring betätigen und den Polfilter einstellen.

Mir fehlen die Worte

Als wir über das Hochland fliegen und die unterschiedlichen Farben der Landschaft sehen, weiß ich, dass ich wiederkommen möchte. Nicht nur in der Luft, auch auf dem Boden. Die zahlreichen Abflüsse, die sich ihren Weg bahnen und ungehindert ins Tal fließen. Wie wunderschön diese unbegradigten, naturbelassenen Flüsse sind. Als wir über die mehrfarbigen Gletscherabflüsse fliegen und eine Mischung aus roten und blauen Farbtönen auf dunkler „Leinwand“ erhalten, bin ich völlig hin und weg. Doch ich blicke nicht nur durch die Kamera und schieße unendlich darauf los. Viel Zeit verbringe ich damit, die Schönheit dieses Anblicks bewusst mit den eigenen Augen zu erleben. Beim Rückflug fragt mich Halldor, ob er nochmal über den Flusslauf kreisen soll und ich lehne dankend ab. Mein Kopf ist nach vier Stunden in der Luft völlig gefüllt mit Motiven und Ausschnitten. Ich bin so überwältigt und zufrieden zugleich, dass ich mir die wunderschöne Landschaft nur mehr mit den Augen ansehen möchte.

Funny sidestep

Anders als bei großen Flugzeugen gibt es kein WC in diesem Flugzeug. Nachdem wir ca. 2 Stunden in der Luft sind, tippt mir meine Frau, die auf der zugigen Rückbank sitzt, auf die Schulter: “Ich muss auf‘s Klo!“ Da ich es akustisch nicht so gut verstanden habe, dachte ich, es sei ihr schlecht und gab diese Info an den Piloten weiter. Sie berichtigte den Irrtum schnell und Halldor sagte: „Oh, that’s no problem, there is an airfield nearby“. Wir machten uns auf den Weg  zum Flugfeld und kurz bevor wir zur Landung ansetzten, fragte ich mich noch immer, wo denn jetzt eigentlich das Airfield auftauchen würde. Es stellte sich heraus, dass das Airfield mehr „field“ war und wir einfach auf einer grünen Wiese gelandet waren. Danach ging‘s entspannt weiter…

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