Königreich der Tierwelt

Die wunderbare Insel am Rande der Welt

Heute ein faszinierender und sich natürlich rehabilitierender Sehnsuchtsort und superlatives Tierparadies – früher ein Zentrum des Walfangs und Zwischenstopp für die großen Entdecker wie Ernest Shackleton.

Willkommen im Paradies

Der Wecker läutet um 4:00 Uhr – Zeit, das erste Tageslicht zu finden. Eine bequeme Variante, bereits einen ersten Eindruck vom Fenster aus zu bekommen, gibt es hier nicht. Um die Vogelwelt zu schützen und zu vermeiden, dass Tiere auf dem Schiff landen, werden alle Fenster verdunkelt. Eine Vorsichtsmaßnahme, die sich bezahlt macht. Also gehe ich an Deck, um den ersten Blick auf die Insel, einen der bedeutendsten Sehnsuchtsorte für mich, zu erhaschen. In der Distanz ragen malerische Eisberge aus dem Wasser, und die schneebedeckten Berge werden von windgeformten Wolken umschmeichelt.

Neue Freunde in Fortuna Bay

Der Moment, in dem ich zum ersten Mal die atemberaubende Landschaft und die faszinierende Tierwelt von Südgeorgien zu Gesicht bekam, hat mich auch emotional sehr berührt. Eine derart magische Region habe ich bisher noch nicht erlebt. Zumindest nicht in dieser Art. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass es schwierig ist, die unterschiedlichen Landschaften unserer Erde miteinander zu vergleichen.

Nachdem wir uns ausreichend gekleidet und die Rettungswesten angelegt haben, warten wir voller Erwartung auf das nächste Zodiac. Die kleinen, robusten Schlauchboote bringen uns sicher an Land und wieder zurück. Bevor wir jedoch zum ersten Mal die Insel betreten können, bekommen wir eine kurze Einweisung und werden an die Verhaltensregeln erinnert. Nur wenige Meter, nachdem ich den Fuß auf dieses Land gesetzt habe, sind bereits Wildtiere in Überzahl zu sehen. Die Pinguine tauchen aus dem Wasser auf, und die Seeelefanten beeindrucken durch ihre schiere Größe.

Obwohl wir bereits auf den Falklandinseln mehrere Königspinguine sehen konnten, war es noch einmal eine ganz andere Welt, in die wir hier auf Südgeorgien eintauchen durften. Besonders die Mischung aus Seebären, Seeelefanten und unterschiedlichen Pinguinarten war eine Wucht. Die Tiere mischen sich untereinander, jedes verfolgt sein Ziel, und doch leben sie dicht nebeneinander.

In den letzten Jahren hat die Vogelgrippe den Tieren auf Südgeorgien ziemlich zugesetzt, doch die Bestände scheinen sich aktuell zu erholen. Aus diesem Grund waren wir sehr darauf bedacht, den Boden nur mit den Schuhsohlen zu berühren. Kein Hinsetzen, kein Knien und auch kein Liegen auf dem Boden. Die Gefahr, als unfreiwilliger Überträger zu fungieren, war einfach zu groß. So blieb nichts anderes übrig, als die Kamera in der Hand zu halten. Wie beim Yoga habe ich mich weit nach vorne gebeugt, um eine tiefe Position für meine Bilder zu bekommen. Die Geräuschkulisse ist überwältigend. Da ich nur auf den Sucher und den besten Ausschnitt geachtet habe, stand plötzlich ein kleiner Königspinguin neben mir. Nur etwa zwei Meter entfernt – viel zu nahe gemäß der Regeln. Sobald ich das bemerkte, begrüßte ich den kleinen Freund und wich ein paar Schritte zur Seite. Doch nur wenige Augenblicke später hörte ich wieder das charakteristische Pfeifen: Mein kleiner Freund war mir gefolgt. Vielleicht wollte er sich die Bilder ansehen, die ich zuvor von ihm gemacht hatte.

Für mich war es ein wunderschönes Gefühl, dass die Tiere keine Scheu zeigen. Die Resilienz der Natur ist wahrlich bemerkenswert.

Auf den Spuren von Ernest H. Shackleton “The Boss” in Stromness

Der große Explorer der antarktischen Geschichte, Ernest Henry Shackleton, wurde 1874 in Irland geboren. Er begann seine Entdeckungsreisen mit der Teilnahme an der Discovery-Expedition unter Robert Falcon Scott. Sein Beiname „The Boss“ wurde ihm von seinen treuen Männern verliehen, für die er eine überaus wertschätzende Leitfigur war. Er nahm an vier Antarktis-Expeditionen teil. Wer die Geschichte kennt, weiß, welche Entbehrungen diese Männer auf sich nehmen mussten. Da noch niemand zuvor in diesen Regionen unterwegs war, war die Ausrüstung oft unzureichend. Expeditionen dauerten teils Jahre, wenn die Schiffe vom Eis eingeschlossen wurden.

Shackleton ist noch heute ein großes Vorbild für moderne Führung. Er verstand, dass es in Extremsituationen keinen Platz für Privilegien gibt. So hat er als Leiter oft selbst das Frühstück zubereitet oder den Boden geschrubbt.

In Stromness begegnet man auch der dunklen Geschichte: Die Bucht war früher eine Walfangstation. Ein morbides Denkmal für die unzähligen Tiere, die hier ihr Leben lassen mussten. Doch für Shackleton war dieser Ort 1916 die Rettung. Nachdem er mit fünf Männern von Elephant Island in einem kleinen Rettungsboot aufgebrochen war, erreichten sie nach über 800 Seemeilen (ca. 1.500 km) Südgeorgien. Es ist unvorstellbar, dass sie mit einem offenen Boot die gefürchtete Drake-Passage durchquerten. Da sie an der unbewohnten Südwestküste landeten, mussten sie die Insel zu Fuß überqueren – über Gletscher und das Zentralgebirge. Nach 36 Stunden ohne Schlaf erreichten sie Stromness. Eine physische und mentale Höchstleistung, die es ihm ermöglichte, später den Rest seiner Mannschaft von Elephant Island zu retten.

Der Shackleton Wasserfall, Ohne Kontext einfach nur ein schöner Wasserfall mitten in der Landschaft von South Georgia.

Ein magischer Tag in der St. Andrews Bay

Heute läutet der Wecker bereits vor 4:00 Uhr – und das völlig freiwillig. Wir erwarten einen besonderen Sonnenaufgang. Ich checke meinen Rucksack: Akkus, Kameras und meine wichtigsten Objektive SEL 300 f/2.8 GM und das SEL 50-150 f/2 GM. Außerdem hab ich heute noch das leichte und kleine 35mm f/1.8 dabei. Um das beste Licht zu nutzen, setzen wir kurz vor Sonnenaufgang über.

St. Andrews Bay ist die Heimat von mehr als 400.000 Königspinguinen. Ein gewaltiges Schauspiel! Eingekesselt von einer Bergkette mit drei Gletscherzungen beobachten wir die Tiere in ihrer wilden Schönheit. Wo vor 40 Jahren noch Eis bis zum Meer reichte, hat der Rückzug der Gletscher Platz für eine der größten Kolonien der Welt gemacht.

Für diese Aufnahme im Gegenlicht musste ich sehr darauf achten, die Lichter nicht zu überbelichten. Ein problem, das besonders bei sehr kontrastreichen Szenen sehr relevant ist. Um alle Farben möglichst realistisch und intensiv wiederzubringen, ist es nötig alle Details in den Highlights zu bewahren.

Die rohe Natur

Harmonie ist ein menschliches Konzept. In der Natur gelten andere Gesetze. Das Überleben hängt von vielen Faktoren ab, und das Zentrum dieses Ökosystems ist der Krill. Fast alle Lebewesen hier hängen direkt oder indirekt von ihm ab.

Viele Jungtiere schaffen es nicht bis zum Erwachsenenalter. Was für uns grausam wirkt, ist die Lebensgrundlage für andere, wie etwa die Riesensturmvögel. In der Bucht von Jason Harbour wurden wir Zeugen dieser rohen Seite: Eine Gruppe Riesensturmvögel ernährte sich von einem verendeten Seeelefanten. Das Schauspiel war blutig und wild, aber es gehört zur ungeschönten Wahrheit der Antarktis. In sicherer Entfernung warteten bereits die Skuas auf ihren Einsatz.

Trotz des Mitleids mit dem jungen Seeelefanten zog mich dieser Moment der puren Natur in seinen Bann. Ich nahm innerhalb einer Stunde über 4.000 Bilder auf, um die Dynamik festzuhalten.

Üblicherweise suche ich mit meinen Bildern die natürliche Schönheit die Ästhetik natürlicher Formen, wunderschöne Farbenspiele und doch hat mich dieser Moment roher Natur absolut in seinen Bann gezogen. Wenn ich es nicht bereits vorher der Fall gewesen wäre, kann ich mir gut vorstellen nach diesem Erlebnis Vegetarier zu werden;-)

Grytviken - die letzte Ruhe: Ein Toast auf den “Boss”

Grytviken ist heiliger Boden für Antarktis-Liebhaber. Hier endet die Geschichte von Sir Ernest Shackleton. Er starb 1922 bei seiner letzten Expedition an Bord der Quest im Hafen von Grytviken. Seine Frau Emily entschied damals: „Begrabt ihn dort, wo er glücklich war.“

Wir versammelten uns um seinen Grabstein, um mit dem traditionellen Shackleton-Whisky auf ihn anzustoßen. Er liegt mit dem Kopf nach Süden begraben – für immer der Antarktis zugewandt.

Wir versammelten uns um den massiven Granitstein um mit dem traditionellen Shackleton Whiskey auf den Boss anzustoßen. In diesem Moment, umgeben von den schroffen Bergen South Georgias, bekommt man Gänsehaut. Er liegt mit dem Kopf nach Süden begraben, immer der Antarktis zugewandt. Wenn man tatsächlich an den Orten steht und die Landschaft wahrnimmt, schätzt man die Leistungen und entbährungen dieser Männer noch stärker.

Abschied von South Georgia

Unsere Route führte uns weiter zu den South Orkney Islands und schließlich nach Elephant Island. Letztere ist ein Ort, an dem Shackletons Männer Monate in völliger Dunkelheit unter umgedrehten Booten überlebten. Die See hier ist so rau, dass Anlandungen selten möglich sind. Wir hatten das Glück, mit den Zodiacs ausfahren zu können.

Dort entstand eines meiner Lieblingsbilder: Eine Gruppe Zügelpinguine (Chinstraps) auf einem bizarr geformten Eisberg. Die Form des Eises, die Risse und das tiefe Blau im Hintergrund machten den Moment perfekt. Dank des 50-150mm F2 Objektivs konnte ich die Tiere wunderbar vom Hintergrund freistellen.

Eine minimalistische Aufnahme von zwei Gentoo-Penguins auf dem riesigen Eisberg. Aufgenommen mit der Sony A1II und dem 300 mm 2.8 GM +1,4TC

Besonders der dunkelblaue Eisberg im Hintergrund macht das Bild zu etwas Besonderem. Die fantastischen Strukturen und Rillen im Eis fügen einen interessanten Charakter hinzu. Glücklicherweise konnte ich zwei Pinguine isolieren. Das Schiff bewegte sich unaufhörlich auf und ab zur Seite und trotz der guten Stabilisierung vom Bridge-Team war es nicht einfach eine ausgefeilte Komposition zu finden. Ich habe bewusst eine Position gesucht, wo ich die wichtigsten Elemtente verbinden konnte. Dafür habe ich einige höhenmeter über die Stufen auf dem Schiff zurückgelegt.

South Orkneys - der Übergang zur Antarktis

Die Südlichen Orkneyinseln sind ein wichtiger Stützpunkt für die britische Forschung. Heute werden die Forschungsstationen noch intensiv genutzt, und es sind regelmäßig Menschen für längere Zeit vor Ort. Als wir uns der kleinen Bucht an der Shingle Cove nähern, wird der Schneefall immer dichter. Viele Mitreisende sind wenig begeistert vom Wetter, doch meine Augen beginnen zunehmend zu leuchten. Wir sollten heute eine neue Pinguinart besuchen: Der Adélie-Pinguin ist ein wunderschöner, kleinerer Pinguin, der sehr charakterstark und aufgeweckt ist. Die kleinen Freunde im Schneegestöber zu fotografieren, ist eine wunderbare Gelegenheit für einzigartige Aufnahmen. Der Weg durch das dichte Treiben ist jedoch eine echte Herausforderung.

Elephant Island

Der nächste Schritt auf dem Weg von Ernest Shackleton und seinem Team ist der Ort, an dem die Männer mehr als vier Monate in völliger Dunkelheit und ohne nennenswerten Schutz ausharren mussten, um auf Rettung zu warten. Nachdem sie ihr Schiff, die Endurance, verlassen mussten, machte sich die Mannschaft zu Fuß und mit Rettungsbooten über das Eis und später zu Wasser auf, um sicheres Land zu finden. Auf dem Weg aus dem ewigen Eis steuerten sie in Richtung Nordwesten und fanden eine Insel, die nach ihrer Form benannt wurde. Elephant Island ist von einer unglaublich rauen See umgeben, was ein Anlanden fast unmöglich macht. Für die Rettungsaktion der verbleibenden Männer benötigte Shackleton sage und schreibe vier Anläufe. Starke Winde und hohe Wellen machen die Gegend besonders fordernd und gefährlich. Letztendlich konnte Shackleton mit Hilfe eines chilenischen Dampfers (der Yelcho) seine Kameraden befreien. Ihm zu Ehren wurde dort eine kupferne Büste als Denkmal errichtet, die noch heute gut zu sehen ist.

Umso unglaublicher ist es, dass wir an diesem Ort tatsächlich einen Ausflug mit den Zodiacs machen konnten. Nur selten ist dies aufgrund der genannten Bedingungen möglich. Auf diesem Ausflug konnte ich auch eines meiner Lieblingsbilder der gesamten Reise aufnehmen.

*Wild Iceberg*, South Orkneys Sony A9III+50-150mm f/2 @ 123mm | f/2 | 1/800 s | ISO250

Eine kleine Gruppe von Zügelpinguinen (Chinstrap Penguins) sucht eine sichere Eisscholle, auf der sie verweilen kann. Ein kleiner Adélie-Pinguin hat sich ebenfalls unter die Gruppe gemischt. Die Form des Eisbergs selbst war schon wunderschön – mit den Rissen im Eis und den sichtlich erodierten Strukturen. Im Hintergrund sind die schneebedeckten Berge der South Orkneys zu sehen, die dem Bild eine zusätzliche Dimension verleihen. Einzelne Pinguine sind durch ihre Körperform bereits schwierig in Szene zu setzen; eine ganze Gruppe ist noch fordernder. Daher bin ich sehr glücklich mit diesem Bild. Besonders dankbar war ich in diesem Fall für das herausragende SEL 50-150mm F2 GM Objektiv, das mir eine wunderbare Freistellung vom Hintergrund ermöglichte und ausreichend Licht einfing. Obwohl wir uns auf einem sehr unruhigen Boot befanden, konnte ich die Aufnahme bei Basis-ISO an der A9 III machen. Manchmal passt einfach alles zusammen.

Nach diesem glorreichen Abschluss auf den Inseln machen wir uns weiter auf zur Antarktischen Halbinsel und setzen schließlich Fuß auf den antarktischen Kontinent. Eine faszinierende Reise schreitet voran und geht in ihr letztes Drittel.

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Kinder des Windes