Kinder des Windes

Von Puerto Madryn zu den Albatrossen der Falkland Islands

Unsere Reise startet in Puerto Madryn, eine Stadt in einer malerischen Bucht, dem Golfo Nuevo, an der argentinischen Ostküste am 42. südlichen Breitengrad. Tourismus nimmt in diesem Gebiet einen wichtigen Platz ein, da besonders die reiche Tierwelt zahlreiche Menschen anlockt. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die Valdés Halbinsel, ein UNESCO Welt Naturerbe mit der größten Magellanpinguin Kolonie und zahleichen Meeressäugern, die hier vorkommen. Die große Walpopulation wird bereits von land aus spürbar. Bei etwas genauerer Beobachtung, können die Southern-Rightwhales vom Strand aus beobachtet werden. Das war für mich bereits das erste Highlight der anstehenden Reise - Whalewatching beim Frühstück.

Leinen Los: der Traum beginnt

Nachdem das Gepäck auf das Schiff von Ocenwide Expeditions verladen war und ich die bekannten Gesichter der Crew begrüßen konnte fühlte ich mich sofort wohl. Zahlreiche neue Eindrücke liegen bereits jetzt schon hinter mir und so viele würden noch kommen. Mit dem Ablegen am argentinischen Festland, starten wir gleich mit intensivem Whalewatching im Golfo Nuevo. Die Wale die wir in großer Zahl sehen können sind sogenannte Southern-Rightwhale, der eigenartige Deutsche Name lautet “Südkaper”. Sie wurden in der Zeit des Walfangs nahezu ausgerottet, doch glücklicherweise genießen sie heute einen ausgedehnten Schutz, wodurch ihre Population deutlich angestiegen ist. Die Bartenwale haben im Golfo Nuevo einen idealen Platz zur Aufzucht ihrer Jungtiere gefunden.

Unser zu Hause für die nächsten drei Wochen

Die m/v Ortelius ist ein Motorbetriebenes Schiff, welches als Fotschungsschiff gebaut wurde und später von Oceanwide Expeditions erworben wurde. Der stabil konstruierte Rumpf ermöglicht eine gute Navigation selbst durch dickes Eis. Dabei werden die Eisschollen einfach zur Seite geschoben. Mit dem Namen Expeditions, trifft das Unternehmen ist schwarze, denn im Vordergrund steht das Erlebnis. Es gibt keinen unnötigen Luxus und trotzdem fühlt man sich an Board total wohl. Die familiäre Atmosphäre und das hervorragende Essen tragen zum Wohlbefinden bei. Bei Anlandungen gelingen die Operationen in kürzester Zeit, was mitunter an der geringen Personenanzahl liegt. Nur etwa 90 Passagiere waren bei unserer Reise an Board, was bei einer Begrenzung von 100 Personen je Anlandung in der Antarktis absolut perfekt ist.

Die Route

Auf einer Expedition in die Polarregionen ist eine Route immer nur ein grober Anhaltspunkt und das Wunschziel, denn wo es genau hingeht und wie sich der Verlauf der Reise gestaltet, hängt sehr stark vom Wetter ab. Ist der Wind am Wunschort zu stark und an einer anderen Stelle der selben Insel besser, so wird das Tagesprogramm dementsprechend angepasst. Außerdem ist auch die mögliche Geschwindigkeit des Schiffs selbst sehr von der Richtung und höhe der Wellen, sowie der Stärke des Windes abhängig und dies kann die überfahrten verlängern und weniger Zeit für Aktivitäten lassen. Und das gilt nicht nur für unser Schiff, sondern auch für alle weitern Schiffe, die sich in diese Regionen begeben. Hier hat noch die Natur das letzte Wort. Unsere Wunschroute führt uns zuerst zu den Falklandinseln, weiter nach Südgeorgien und vorbei an den Süd Orkney-Inseln zur antarktischen Halbinsel, bevor es zurück nach Ushuaia geht.

Steeple Jason mit Blick nach Osten, Falkland Inseln

Land in Sicht

Beschrieben wird Steeple Jason oft als völlig raue und abgelegene Region im äußersten Westen der Falkland Inseln, mit starken Wetterumschwüngen, erbarmungslosen winden und ungewissen Landemöglichkeiten. Als wir die Inselgruppe in der Distanz wahrnehmen kommt die Durchsage vom Expedition Team, dass wir so viel Zeit bei der überfahrt gewonnen haben, dass wir Steeple Jason und damit die weltweit größte Kolonie an Schwarzbrauchen-Albatrosen besuchen können. Was für ein Highlight ganz zu Beginn, doch das Beste daran ist das stabile und angenehme Wetter. In der Distanz sind Regenwolken und Vorhänge aus herabfallenden Wassertropfen zu sehen und wir spazieren über die Sonnengeflutete Insel. Wir steigen in die Zodiacs (das sind robuste Boote mit seitlichen Luftkammern und einem verstärkten Rumpf) und bewegen uns in Richtung Land, begleitet von Eselpinguinen, die zurückkehren zur Kolonie.

Auf dem Weg zur Albatros-Kolonie machen wir auch erste Erfahrung mit dem Tussock-Gras. Ein Gras mit besonderer Wuchsform und Größe. Diese Gräser bilden Horste aus und sind teilweise Höher, als viel Menschen. Wie ein natürliches Labyrinth machen wir uns auf den Weg zur größten Schwarzbrauen-Albatros-Kolonie, die mit mehr als 70 % der weltweiten Population absolut beeindruckend ist. Hier scheint jeder Nistplatz belegt, die Schnäbel klappern aneinander und wenn einer der Vögel zu Nahe an den Nachbarn gerät, wird dies Lautstark und mit Schnabelhieben kund getan. Die dichte Besiedelung der Klippen liegt allerdings nicht daran, dass es an Platz mangelt. Es ist wie häufig im Vogelreich, ein Schutz vor Fressfeinden, denn die Caracaras und Skuas sind erbarmugslose Räuber - sie machen weder vor den Eiern noch vor Jungtieren halt.

Ein Tag im Zeichen der Pinguine

Gleich vier unterschiedliche Pinguinarten an einem Tag. Am Vortag konnten wir bereits die ersten Eselspinguine bzw. Gentoo-penguins beim Nestbau und bei der Brautwerbung beobachten. Jetzt stehen zwei spannende Plätze bzw. Inseln auf der Agenda, Carcass- und Saunders Island. Beide Inseln haben eine sehr charakteristische Landschaft, mit faszinierenden Sandstränden, seltenen Vögeln und zahlreichen Pinguinen. Mit an Board ist der Guide Allan, der in fünfter Generation auf den Falkland-Inseln lebt und uns mit Geschichten und Erfahrungsberichten aus seiner Heimat versorgt. Unendlich spannend, wie das Leben hier abläuft. Die Einwohnenden selbst werden als “children of the wind” bezeichnet und das können wir am heutigen Tag bestätigen. Nachdem wir das Zodiac betreten und Platz nehmen, zeigt sich die See etwas rauer und wir bekommen einige Wasserspritzer ab, die wasserdichte Bekleidung macht sich bezahlt.

Die ersten Schritte auf dem Sandstrand auf Carcass-Island wirken surreal, doch richtig kurios wird es mit dem Anblick der ersten Pinguinen in dieser Landschaft. Weißer Sandstrand, türkisblaues Meerwasser mit Karibik-Feeling und Pinguine am Strand. Und um die Verwirrung komplett zu machen, lacht die Sonne vom Himmel und wärmt uns kräftig auf. An diesem sanften Frühlingstag spazieren wir vorbei am Tussock-Gras, über Wiesen, die von Wasserkanälen durchzogen sind bis an die andere Seite der Insel zu einer kleinen Bucht, wo sich die Gentoo Pinguine und Magellan-Pinguine ins Wasser stürzen. An Land wirken die kleinen, flugunfähing Vögel etwas ungeschickt, fast schon deplatziert. Doch sobald sie Kontakt zum Wasser haben fliegen sie wie Fische, pfeilschnell durchs Wasser.

Am Nachmittag nutzen wir noch das gute Licht für einen Ausflug auf Saunders-Island, eine wunderschöne Insel mit zwei Erhegungen und einer dazwischenliegenden, falchen Engstelle - dem sogenannten “Neck”. Dieses Gebiet ist besonders für die Königspinguine, aber auch für die Gentoopinguine ein toller Lebensraum. Auf den kleinen Hügeln und zwischen der Vegetation im erweiterten Strandbereich finden die jungen Pinguine einen geeigneten Lebensraum. Die Königspinguine sind mit bis zu 95 cm Körpergröße, nach dem Kaiserpinguin, die zweitgrößte Pinguinart. Diese wunderschöne und elegante Art in freier Wildbahn sehen zu dürfen ist eine große Ehre, das glänzende Gefieder und die leuchtenden Farben sind ein wunderschöner Kontrast zum hellen Sandstrand mit dem blauen Meer im Hintergrund. Die malerische Landschaft wird durch die Anwesenheit der Pinguine noch verstärkt.

Etwa 80 Meter über dem Meer, finden wir eine weitere Pinguinart, die ihren Brutplatz als Schutz vor Räubern, etwas entfernter vom Wasser anlegt. Dieses Verhalten könnte ihnen auch den Namen Rockhopper-Penguins also Felsenpinguine eingebracht haben. Die kleinen sympathischen Pinguine hüpfen von Stein zu Stein und erklimmen scheinbar unmögliche Steilküsten. Die Brutplätze verschiedener Vogelarten vermischen sich und so können wir auf Saunders die Schwarzbrauenalbatrose, Felsenpinguine sowie die Blauaugenscharbe am selben Platz vorfinden.

Das Team von Oceanwide bringt die Gäste sicher zurück auf die Ortelius

Wir kosten das wunderbare Licht noch bis zum Ende aus und verlassen anschließend Saunders Island. Nach diesen ersten unfassbar spannenden und eindrucksvollen Tagen ist es kaum vorstellbar, dass auf dem weiteren Reiseverlauf noch mehr kommen soll. Doch bevor wir die Falkland-Inseln verlassen, statten wir der Hauptstadt noch einen Besuch ab.

Ein Besuch in der Hauptstadt

Port Stanley, ist die Hauptstadt von den Falkland-Inseln und liegt auf der östlichen der beiden Hauptinseln. Die Einfahrt in den Hafen und damit dem ruhigeren Wasser, ist nur durch eine natürliche Engstelle möglich. Besonders bei Wind und Wellen ist es umso fordernder ein Schiff durch dieses Nadelöhr zu fädeln. Glücklicherweise haben wir den ebenso furchtlosen, wie überaus kompetenten Captain Per, der uns Sicher und problemlos in den Hafen bringt. Der Wind an diesem Tag ist grenzwärtig, nur wenige Knoten mehr und wir könnten die Anlandung nicht vornehmen. In einer großen Schleife fahren wir mit den Zodiacs zum Hafen, um die Gischt etwas abzuschwächen und nicht bei jeder Welle völlig nassgespritzt zu werden.

Nach einem gemütlichen Landausflug mit Museumsbesuch und Kaffee geht es zurück aufs Schiff. Wir verabschieden uns von jeglicher Zivilisation für die nächsten zwei Wochen. Keine Städte, keine permanenten Siedlungen und viel Natur wartet auf uns. Jetzt geht es für uns in Richtung südwesten an einen der abgelegendsten und schönsten Orte der Erde. Um den bevorstehenden Seetag möglichst sinnvoll zu nutzen, bieten unsere Guides an Board Vorlesungen an und bereiten uns bereits perfekt für die kommende Zeit an. Je weiter wir in Richtung Süden vordringen umso kälter wird es. Außerdem widmen wir uns einem sehr wichtigen Thema, der Biosecurity. Um keine Krankheiten, im Szpeziellen die Vogelgrippe, zu übertragen reinigen und desinfizieren wir unsere Kleidung, sowie inspizieren jegliches Equipment. Damit sind wir für die ersten möglichen Anlandungen perfekt vorbereitet.

In den vergangenen Jahren wurden manche Kolonien auf Südegorgien stark von der Vogelgrippe getroffen. Zahlreiche Pinguine und Robben sind der ansteckenden Krankheit zum Opfer gefallen. Durch die starken bemühungen, die Hygienevorschriften einzuhalten und der genauen Kontrollen vor Ort, hat sich die Lage gebessert, bzw. entspannt sich die Situation zunehmend. Umso wichtiger ist es für uns die Sache sehr ernst zu nehmen und die positive Tendenz zu wahren.

Die Wächter: Ankunft bei den Shag Rocks

Noch vor dem Abendessen kommt die Durchsage, dass wir durch gute Wetterverhältnisse, an einer kleinen Gruppe von Felsen Halt machen können und diese bestaunen können. Eine Felsformation mit unzähligen Nestern der Imperial-Shags, der Blauaugenscharben. Diese wunderschönen Kormorane brüten hier zu tausenden und haben durch ihre Anwesenheit den Anblick dieser Felsen geformt. Faszinierend, wie diese Tiere in einer so unwirtlichen Gegend auf selbst den winzigsten Felsvorsprüngen, genügend Raum finden, um ihre Jungen groß zu ziehen.

Nach diesem eindrucksvollen Zwischenstopp, machen wir uns weiter in Richtung Osten, weiter zu einem großen Kernstück dieser Reise. Eine Region die kaum besonderer sein könnte. Eine Region, die sich durch intensiven Schutz, vom Einfluss der Menschen erholt und scheinbar aufatment. Aufgeregt und voller Vorfreude gehe ich zu Bett und stelle mir den Wecker noch vor Sonnenaufgang, um das erste Licht auf den schneebedeckten Gipfeln von South Georgia zu sehen. Wie wird es sein, tatsächlich diesen sehnsuchtsort besuchen zu dürfen. Jenen Ort aufzusuchen, an denen zahlreiche hochkarätige BBC, National Geographic und viele weitere Dokumentationen gedreht wurden…

Erster Blick auf South Georgia bei Tagesanbruch

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Auf zu neuen Ufern