Die Green Lady über dem Polarkreis
Es ist finster und kalt. Die Vorhersage war laut App gut, aber das heißt ja häufig nicht so viel. Wir beschließen unsere warme kleine Hütte zu verlassen und ein Stück in Richtung Norden zu fahren. Die Straße wirkt nicht sehr vertrauenserweckend. Knapp unter null Grad und alles glänzt. Wir halten an einem Ort, wo wenig Umgebungslicht zu sehen ist. Unser Blick geht in Richtung Himmel. Noch können wir nicht wirklich viel erkennen. Ich entscheide mich dazu ein Bild von der schön zu sehenden Milchstraße zu machen…
Die ersten Nordlichter
Meine Frau und ich stehen am Wegesrand und blicken auf die Milchstraße. Wir befinden uns am 68. nördlichen Breitengrad in Norwegen. Heute ist die erste klare Nacht seit wir unterwegs sind, das möchten wir ausnutzen. Am nächsten Tag würde es bereits weiter in Richtung Süden gehen und damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für schöne Nordlichter. Wir blicken auf die Sterne und können noch nichts erkennen. Als ich die erste Aufnahme der Milchstraße auf dem Kameradisplay anschaue, kann ich es kaum glauben. Die rechte Bildseite hat einen intensiven grünen Schein. Doch keine Wolken. Die ersten leichten Nordlichter ziehen langsam über den Himmel. Sie werden stärker und wir verstehen, sie bald besser zu erkennen. Gemächlich tanzen sie über den dunklen Nachthimmel. Was für eine Freude und Erleichterung zugleich. Ein großer fotografischer Traum geht in Erfüllung. Heute steht eindeutig das Erlebnis im Vordergrund. Wir genießen den sanften Tanz der auftreffenden Teilchen auf die Erdatmosphäre. Glücklich und zufrieden können wir nun schlafen gehen.
Am nächsten Morgen tauschen wir uns nochmal über das Erlebnis aus. Die Farbintensität auf der Kamera ist einfach überwältigend. Doch wir konnten das nicht so mit unseren Augen sehen. Vielleicht war die Stärke der Aurora Borealis einfach noch nicht so intensiv. Unsere Strecke für heute führt uns doch ein ganzes Stück weiter nach Süden. Lange Fahrstrecken und das Wetter ist sehr bescheiden. Bei dem Gedankten, das Zelt schon wieder bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und intensivem Regen aufzustellen ist nicht gerade gemütserhellend. Wir überprüfen die Wetterkarten und die Vorhersagen in unterschiedlichen Regionen. Gefunden. Endlich haben wir einen Ort, an dem bei unserer Ankunft kein Regen mehr sein soll. Als Bonus wird auch hier der Himmel klar sein. Das bringt auch wieder die Nordlichter auf den Plan. Wir wollen sie unbedingt wieder sehen, wir können kaum genug bekommen. Nach dem Aufbau des Zelts mache ich ein erstes Bild vom Nachthimmel mit meinem Smartphone, um zu sehen, ob es grüne Schleier gibt. Und tatsächlich, die ersten grünen Lichter tauchen auf und werden immer intensiver. Nach einer Weile des Tanzes erscheint ein Bogen über den gesamten Himmel. Ein zweiter Bogen entsteht und sie nähern sich einander. Als sie zusammentreffen beginnt ein magischer Tanz, der nur wenige Augenblicke andauert. Ich habe beide Kameras bereit und mache viele Aufnahmen. Überglücklich legen wir uns in dieser Nacht in unsere Schlafsäcke.
Die Farben des Nachthimmels
Seit Jahren fotografiere ich in regelmäßigen Abständen die Milchstraße und Sterne am tiefen Nachthimmel. Mich fasziniert die Ruhe und diese doch teilweise schon fast beängstigende Stille in der Nacht. Es ist meist relativ kühl und man weiß erst zu Hause so wirklich, wie und ob die Bilder etwas geworden sind. Als zusätzliche Challenge gilt noch die Kamera bei vollkommener Dunkelheit zu bedienen. Aber was hat das jetzt mit den Farben zu tun?
Ganz einfach. Unser Menschliches Auge hat zwei unterschiedliche Fotorezeptoren. Die Stäbchen und die Zapfen. Bei den Zapfen handelt es sich um jene Zellen, die das Farbsehen ermöglichen und die Stäbchen sind für die Kontrasterkennung bei geringem Licht zuständig. So ist es in der Nacht auch hoffentlich relativ dunkel, wenn wir nach draußen gehen um schöne Bilder zu machen. Dabei kommen dann vorwiegend die Stäbchen auf der Netzhaut zum Einsatz. Daher kann man sich sehr häufig von der Kamera beim fotografieren überraschen lassen. Zumindest was Farben angeht. Bei sehr starken Nordlichtern jedoch kann man Grüntöne mit freiem Auge erkennen. Es ist daher ein absoluter Gewinn, wenn man einen Kamera dabei hat und man die grelle Farbe verifizieren kann. Das Tanzen auf dem Himmel ist spektakulär genug. Auch bei der Milchstraße bin ich überwältigt, wenn man leichte Magentatöne erhält. Die Kamera hilft uns dabei dinge zu sehen, die mit unserer Optischen Ausstattung so nicht möglich gewesen wäre.
Was sind eigentlich Nordlichter
Wenn wir von Nordlichtern sprechen fassen wir oft die aurora borealis und die aurora australis zusammen. Es kann im Norden, sowie auch im Süden zu diesem Phänomen kommen. Der Urspruch ist für beide der gleiche. Nämlich die Sonne. Auch auf der Sonne treten sogenannte Sonnenwinde oder sogar Sonnenstürme auf. Bei diesen Sonnenwinden werden Partikel ins Weltall entsendet. Trifft dieser Partikelstrom auf dem Magnetfeld der Erde auf, so entstehen diese wunderbaren Lichtbilder. Je nach Intensität kann ein deutliches Tanzen beobachtet werden.
Wie fotografiert man Nordlichter
Durchforstet man das Internet, so bekommt man einige Vorschläge, was denn am Besten ist um die Aurora zu fotografieren. Manche davon sind schon sehr abenteuerlich. Grundsätzlich ist es wie in fast jedem Bereich der Fotografie. Es gibt nämlich keine sinnvolle, generelle Aussage. Die Belichtungszeit beispielsweise richtet sich sehr stark nach der Geschwindigkeit der Nordlichter. Bewegen sie sich schnell, so sollte die Zeit möglichst kurz sein, um die Struktur noch zu erhalten. Wenn die Bewegungen sehr langsam sind, können wir länger belichten und erhalten immer noch brauchbare Strukturen. Das war jetzt vermutlich nicht die befriedigendste aller Antworten zu dieser Frage. Daher noch ein Versuch.
Der Sensor der Kamera sollte ein möglichst gutes Rauschverhalten haben, das heißt der Dynamikumfang des Sensors sollte nicht zu stark abfallen, wenn man den ISO Wert erhöht. Daraus muss man jedoch nicht gleich eine Wissenschaft machen. Am Besten nimmt man das was man eben zur Verfügung hat. Die nächste Wichtige Komponente ist das Objektiv. Hier ist lichtstärker auch wieder besser. Je nachdem was man so zur Verfügung hat, macht es Sinn eher im Weitwinkelbereich zu bleiben. Alles bis 50 mm auf Vollformat ist sinnvoll. Man möchte vielleicht auch ein wenig von der umgebenden Landschaft auf das Bild bekommen. Somit hätten wir die beiden entscheidenden Punkte geklärt.
Die Einstellungen der Kamera erkläre ich vielleicht am Besten an einem oder zwei konkreten Beispielen. Bei der ersten Aufnahme waren die tanzenden Nordlichter am Himmel unglaublich intensiv und stark. Mit freiem Auge konnten wir die schnell tanzenden Schleier erkennen und auch etwas grünes und violettes Leuchten in den hellsten Bereichen. Hier war meine Belichtungszeit mit nur 0,6 Sekunden extrem kurz. Hätte ich hier länger belichtet, dann wäre der ganze Himmel grün ohne viel Struktur.
Das zweite Bild habe ich mit 8 Sekunden aufgenommen. Die tanzenden Schleier der „green lady“ waren viel langsamer und somit konnte ich mehr Licht einfangen. Das hilft natürlich auch sehr mit dem Vordergrund. Je länger ich belichten kann, umso heller und detailreicher wird auch mein Vordergrund.
Nordlichter Planen
Heute funktioniert so ziemlich alles mit Apps. Das Polarlicht App, berücksichtigt die Sonnenwinde und macht es somit möglich, eine Vorhersage für unterschiedliche Standorte zu treffen. Wie bei jeder Vorhersage, kann das tatsächliche Ergebnis abweichen. Die wichtigste Komponente ist ein klarer dunkler Nachthimmel mit möglichst wenig Wolkenbedeckung. In der Umgebung sollten nicht zu viele Lichter sein, da die Lichtverschmutzung die Deutlichkeit der Nordlichter verringert bzw. ganz überlagert.
In manchen meiner Fotoreisen widmen wir uns dem Thema näher und versuchen auch Aufnahmen vom Polarlicht zu machen. Wir brauchen dafür natürlich auch etwas Glück, aber je öfter man es versucht, umso realistischer wird es dann auch. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel ISLAND – Ein Wintertraum.
Ich habe für den Newsbeitrag für diesen Sonntag hin und her überlegt, worüber ich schreiben soll. Die Moschusochsen, Lofoten, Seeadler, Komposition, Farben und dann fiel die Entscheidung auf die Nordlichter. Bevor ich mit dem Text fertig war, bekam ich eine Benachrichtigung am Handy, dass es Nordlichter gibt. Die folgenden Bilder sind dabei Entstanden.