Unterwegs im Seewinkel

Wei(he)n-Land Burgenland

Seit dem letzten Workshop im Seewinkel weiß ich nun auch warum die Gegend als Weinland oder für Tierfotograf*innen auch Weihenland heißt. Es gibt in der Region vier verschiedene Weihen-Arten, die sich in Gestalt und Anmut nur wenig unterscheiden. Die großen Greifvögel jagen indem sie tief über den Boden streifen und jegliche Bewegung sofort verfolgen. Die Flugakkrobaten werden dabei von anderen Vögeln, wie dem Kiebitz mit Nachdruck verjagt. Die Jungtiere wollen geschützt werden.

Der Seewinkel ist ganzjährig eine wunderschöne Region in Österreich. Der bekannteste See im Osten Österreichs ist der Neusiedler See. Der gleichnamige Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel grenzt im Süden direkt an den ungarischen Teil an, der ebenso einem strengen Naturschutz unterliegt. Seit dem Jahr 2001 ist das gesamte Gebiet Kulturlandschaft Fertő/Neusiedler See von der UNESCO zum Weltnaturerbe anerkannt und als grenzübergreifendes Schutzgebiet eingestuft.

Der Seewinkel ist eine Region von unvergleichlicher Schönheit und ein Pardies für die Tierfotografie. Auf unserer jüngsten Entdeckungstour besuchten wir so unterschiedliche Orte wie den weiten Zicksee, die ausgedehnte Lange Lacke, den verborgenen Darscho, den stillen Oberen Stinkersee und weitere faszinierende Plätze, die alle ihren ganz eigenen Reiz und ihre tierischen Bewohner haben.

Das Gebiet

Im Seewinkel wechseln sich Kultur und Naturlandschaften nahezu nahtlos ab und neben einem Tourismusmagneten und Freizeitangebot für die ganze Familie ist unmittelbar angrenzend ein wichtiges Naturschutzgebiet. Fährt man auf den Straßen von einer Lacke zur nächsten, so ist es keine Seltenheit, dass auf der einen Straßenseite die natürliche Steppenlandschaft Artenreichtum hervorbringt und auf der anderen Seite ein intensiv bewirtschaftetes Kulturgebiet liegt. Genau hier besteht der große Wert vom Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel. Durch den Schutz und die beruhigten Zonen haben zahlreiche Tiere die Möglichkeit hier ohne große Störungen brüten zu können und die Jungen aufzuziehen. Doch auch die Kulturlandschaft machen sich manche Arten zu Nutze und folgen dem menschlichen Anbau von leckern Nahrungsmitteln.

Ausrüstung

Kamera und Objektiv

Leichtes Gepäck!

Da ich mich bei diesem Besuch im Seewinkel hauptsächlich liegend oder sitzend auf dem Boden befunden habe, war mein Gepäck auch dementsprechend reduziert. Zugegeben, leichtes Gepäck wäre ansich etwas anderes, aber ich habe ganz bewusst auf Stativ und Kamerarucksack verzichtet. Diese Gegenstände blieben im Auto. Als Kamera habe ich eine Nikon Z9 mit dem Nikon 400 f/2.8 FL verwendet. Zur Sicherheit habe ich noch einen Nikon TC 14 III Telekonverter mitgenommen, um aus den 400 mm bei f/2,8 ein 560 mm f/4 zu machen. Damit hatte ich etwas Fexibilität und genügend Brennweite für weiter entfernte Tiere. Zusätzlich habe ich bei Tierbeobachtungen und Fotografie von Tieren meist das Fernglas dabei. Die Beobachtung und das Erkennen der Tiere fällt somit deutlich leichter.

Tipps für bessere Bilder

Nachdem alle technischen Details und etwaige Hindernisse geklärt sind, gehts an die kreative Seite der Fotografie. 

Bei der Tierfotografie achte ich besonders darauf, die Szenen so zu wählen, dass die Tiere möglichst natürlich zur Geltung kommen. Ich versuche die typischen Bewegungen einzufangen und das Verhalten zu dokumentieren. Die Reduktion auf das Wesentilche fängt beim Vordergrund an und endet bei den weitest entfernten Bildbereichen. Teilweise verwende ich Gräser oder andere Uferbereiche, die mir einen farblichen Rahmen im unmittelbaren Vordergrund bieten. Für ganz intime Bilder positioniere ich die Kamera Tief auf dem Boden, somit verwischt der Vordergrund noch stärker. Dabei muss jedoch sehr genau auf den Hintergrund geachtet werden. Durch die Tiefe Position ragt aller Wahrscheinlichkeit nach die gegenüberliegende Uferkante direkt  durch die Tiere hindurch. Je harmonischer der Hintergrund umso besser funktioniert das. 

LOW Light

Irgendwann ist Schluss. Auch mit den Objektiven von Blende f/2.8 und den modernsten Sensoren in Kombination mit intelligenter Rauschminderung ist es ab einem gewissen Punkt einfach vorbei mit scharfen Bildern. Nimmt das Licht ab, schwindet unsere Möglichkeit noch brauchbare Ergebnisse von schnellen Bewegungen zu fotografieren. Außerdem spielt der Autofokus nicht mehr so mit, denn auch dieser reduziert seine Leistung, wenn er schlecht sieht. Was wir allerdings noch machen können ist statischere Motive einzufangen und längere Belichtungen zu versuchen. Manche Vögel bleiben dabei relativ lange ruhig sitzen oder stehen, und andere sind eigentlich ständig aktiv. Vielleicht kann es in einzelen Fällen auch sehr interessant sein, die charakteristische Bewegung von bestimmten Tieren dynamisch einfangen zu können. Dabei würde ich persönlich darauf achten, dass der Kopf die beste Schärfe hat und der reste des Vogels kann ruhig verwischt sein.

Mir perönlich gefallen jedoch auch die ICM Versionen von Tierbildern sehr gut. Immer wieder experimentiere ich mit längeren Verschlusszeiten bei wenig Licht. Eine größere Herausforderung dabei ist die Bewegung der Tiere möglichst synchron zu imitieren. In diesem Fall flog ein Kampfläufer an uns vorbei und ich konnte diesen gut im Bild behalten, und nach wenigen Sekunden und mehreren Bildern in Serie konnte ich das eine oder andere Bild aus der Serie verwenden. Diese Mitzieher setzte ich mehrfach ein um unterschiedliche Effekte und Hintergründe zu erhalten.

Manchmal reicht eine kleine Ahnung von dem was man auf einem Bild sieht aus. Der Körper des Vogels ist nur noch als länglicher, dunkler Strich erkennbar, der die horizontale Bewegungslinie im Bild dominiert. Seine Flügel sind nicht mehr klar definiert, sondern scheinen sich in der Bewegung aufzulösen und einen Hauch von Dynamik zu erzeugen. Der Schnabel oder Kopf des Vogels mag als leicht angedeuteter Punkt am vorderen Ende der Bewegungsspur erkennbar sein, was die Flugrichtung erahnen lässt.

Die reduzierte Farbpalette und die weichen Formen tragen zur meditativen und fast abstrakten Wirkung des Bildes bei. Es ist ein Beispiel dafür, wie durch den bewussten Einsatz von Kameratechnik und langen Belichtungszeiten eine ganz eigene, künstlerische Vision der Natur festgehalten werden kann.

Besondere Momente

Es ist wieder diese besondere Zeit des Jahres – die Balz! Eine Phase, in der viele Tiere zu Höchstform auflaufen, ihr prächtigstes Federkleid zeigen und mit beeindruckenden Balzritualen um die Aufmerksamkeit ihrer Artgenossinnen werben. Auch in diesem Jahr hatten wir das Glück, Zeugen der faszinierenden Paarung der Stelzenläufer zu werden. Lange vor der ersten Morgendämmerung machten wir uns auf den Weg zum Seeufer. Vorsichtig suchten wir uns einen Beobachtungsposten und näherten uns dann Schritt für Schritt. So verharrten wir geduldig, während die Stelzenläufer noch in der Ferne ihre Runden zogen. Doch immer wieder wagte sich ein einzelner Vogel näher heran, spazierte scheinbar unbeeindruckt an uns vorbei. Durch diese Kombination aus Geduld und Beharrlichkeit wurden wir schließlich belohnt: Die intimen Paarungsszenen der Stelzenläufer spielten sich direkt vor unseren Augen ab – ein flüchtiges Spektakel von nur wenigen Sekunden. Das sanfte Morgenlicht an diesem Tag trug maßgeblich zur Magie dieser Momente bei.

Fazit

Die Tage im Seewinkel waren wieder einmal ein unvergessliches Erlebnis, das uns die unglaubliche Vielfalt und Schönheit der burgenländischen Tierwelt hautnah erleben ließ. Von den eleganten Stelzenläufern an der Langen Lacke über die scheuen Waldohreulen am Darscho bis hin zu den majestätischen Weihen, die über dem Oberen Stinkersee kreisten – jeder Moment war einzigartig und bot unzählige fotografische Möglichkeiten. Es sind diese Augenblicke der stillen Beobachtung und der unerwarteten Begegnungen, die die Tierfotografie im Seewinkel so besonders machen und uns immer wieder in ihren Bann ziehen. Ich hoffe, dieser Einblick in unseren letzten Fotoworkshop hat auch dich inspiriert und vielleicht sogar neugierig gemacht, diese faszinierende Region selbst einmal mit der Kamera zu entdecken. Wir haben gemeinsam erlebt, wie wichtig Geduld, Beobachtungsgabe und die richtige Ausrüstung sind, um die verborgenen Schönheiten der Natur einzufangen. Wenn auch du solche unvergesslichen Momente erleben und deine Fähigkeiten in der Tierfotografie erweitern möchtest, schau doch bei unseren nächsten Terminen vorbei – der Seewinkel wartet darauf, von dir und deiner Kamera entdeckt zu werden!



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