Fehler machen und kontinuierlich besser werden
Die Naturfotografie ist eine wunderbare Sache, die beste Möglichkeit Zeit zu verbringen und ein Höhepunkt, wenn die Bedingungen perfekt sind. Wenn dann auch noch alle technischen Einzelheiten und Details zusammenpassen und zu diesen wunderbaren Bedingungen die perfekte Komposition finden, ist die Ausschüttung einer großen Menge an Endorphin vorprogrammiert. Die Realität sieht in vielen Fällen, jedoch meist etwas anders aus.
Der kreative Weg
Ich bin fasziniert von den kreativen Bildern vieler Künstler*innen, von den abstrakten Fotografien und einzigartigen Techniken, die aus der Natur etwas Besonderes machen. Egal ob es eine Bewegung eines Tieres ist, dessen Verhalten, oder ein kleiner Ausschnitt aus der Landschaft, der in sich perfekt interpretiert ist. Ebenso bin ich von den bewusst abstrahierten ICM Bildern oder Mehrfachbelichtungen faszinierte, die über einen gewissen Punkt hinausgehen und etwas Besonders darstellen. Was auch immer das Element ist, welches aus einem Bild mehr als “nur“ eine Dokumentation macht, schafft es einzigartig zu werden. Bei meinen eigenen Bildern versuche ich diese einzigartigen Anblicke oder Möglichkeiten der Abstraktion so zu verwenden, dass ästhetisch ansprechende „Kurzgeschichten“ entstehen. Doch es funktioniert nicht immer genau so, wie geplant.
Tatsächlich funktioniert es meistens nicht ganz wie gewünscht oder wie geplant, das Ergebnis könnte immer etwas besser sein. Der Bildausschnitt könnte noch immer etwas besonderer sein. Darüber hinaus experimentiere ich häufig mit ICM Techniken oder kreativen Bildausschnitten, die danach wenig Aussage haben. In diesem Fall denke ich, dass der Irrweg und das Scheitern stärker vertreten sind als der Erfolg. Über lange Strecken hinweg ist der Misserfolg stärker vorhanden als das Erreichen des Besonderen. Mit Ausdauer und Durchhaltevermögen, gelangen wir dann aber irgendwann auch zum Punkt des Erfolgs. Viele von uns würden sich diesen Umstand bestimmt etwas anders wünschen und gerne den Erfolg an der Tagesordnung sehen, doch das Besondere wäre nicht besonders, würde es zum Alltag zählen. Manchmal nehme ich mir das Scheitern meiner persönlichen Projekte oder das nicht erreichen eines Ziels zu Herzen und muss mir immer wieder in den Kopf rufen: „Ohne Scheitern, kein Erfolg“
Nur diese positive und vorausschauende Sichtweise ist auf längere Sicht sinnvoll und erfolgsversprechend. Meiner Meinung nach ist es entscheidend sich selbst durch Fehler, wachsen zu lassen. Dieses growth mindset wurde schon mehrfach untersucht und in verschiedenen Szenarien erforscht. Ist das persönliche Mindset so gelagert, dass ich mich nicht von einem kleinen Rückschlag hinunterziehen lasse, kann ich daran wachsen. Sehe ich einen Misserfolg als Möglichkeit einer zukünftigen Verbesserung, so lerne ich durch die vergangenen Fehler und ich kann diese geistig positiv abspeichern.
Fehler sind gut
In manchen Firmen wird eine sehr positive und motivierende Fehlerpolitik gelebt. Menschen die an Projekten arbeiten und mit ihrer Idee scheitern, werden nicht demoralisiert sondern im Gegenteil, für den bloßen Versuch gefeiert. Das klingt für uns vielleicht etwas kontraintuitiv, doch diese Haltung ist psychologisch betrachtet sehr positiv. Wenn die Reaktion auf ein mögliches Scheitern sehr negativ ausfällt, ist die Vermeidung des Scheiterns die höchste Priorität. Kreativität und Einzigartigkeit eines Vorhabens rücken somit an zweite Stelle, da ein kreativer Ansatz immer auch mit Risiko verbunden ist. Dies haben manche Unternehmen erkannt und indem sie den Versuch selbst wertschätzend beurteilen, gibt es mehr kreative Ideen und folglich auch viel mehr abenteuerlich erscheinende Projekte mit äußerst erfolgreichem Ausgang. Ein entscheidender Faktor, den ich bei meiner Fotografie kontinuierlich stärker implementieren werde. Dieses Gefühl des Scheiterns abzulegen und gleich positiv zu überschreiben benötigt natürlich Zeit und deshalb rufe ich mir die Wichtigkeit der Sichtweise immer wieder in meine Gedanken. Bei der vergangenen Island Reise habe ich neben vielen unscharfen Bildern auch einige „kreative“ Misserfolge erlitten. Und das ist auch gut so, denn die Gründe für manche unscharfen Bilder sind aufgeklärt und ich werde diesen Fehler in Zukunft vermutlich nicht mehr machen. Auf den kreativ misslungenen Bildern kann ich aufbauen und weiter versuchen, diese zum Erfolg zu führen. Dabei steht die Arbeit stärker im Fokus als das erfolgreiche Bild am Ende. Auch wenn das Ergebnis anders ist als erwünscht, lerne ich auf dem Weg eine menge wertvoller Lektionen.
Motiviert bleiben
Als ich bei der Sortierung der ersten Bilder aus Island in mancher Hinsicht einen enttäuschenden Rückschlag erlitten habe, war ich sofort demotiviert und frustriert. Wie kann das sein, dass ich als langjähriger Berufsfotograf so blöde Fehler machen würde? Wie kann es sein, dass ich nach fast 20 Jahren der Fotografie noch immer derartige Fehltritte erleiden würde? Meine Gedanken schwankten in Bruchteilen von Sekunden zwischen, das passiert jedem mal bis zu ich habe völlig versagt. Und dann schaffte ich es wieder die Denkweise des Growth Mindset anzuwenden und mir diese in den Kopf zu rufen. Nächstes Mal weiß ich worauf ich achten muss. In kommenden Situationen werde ich stärker darauf achten, bzw. mehr Augenmerk auf ein bestimmtes Detail legen. Auch wenn ich mittlerweile schon sehr viel Zeit mit Fotografie und Kunst verbracht habe, gibt es immer wieder Hürden, die man überwinden darf. Ich bin froh, dass ich noch lernen darf und mich persönlich und fotografisch weiterentwickeln darf. Je länger mein kreativer und fotografischer Weg bereits dauert und je mehr ich schon gelernt habe umso ausgedehnter scheint die Strecke die man noch zurücklegen kann. Der schönste Gedanke für mich persönlich, der mich auch immer wieder motiviert, ist dass es in der Fotografie keinen Endpunkt gibt. Es gibt kein Endziel, dass man erreichen kann und keinen Zeitpunkt an dem man sagen kann „Jetzt ist meine Arbeit perfekt“. Die ganze Arbeit ist ein einziger unendlicher Weg voller Hürden und Lernprozesse.
Die Aufnahmen stammen vom letzten Individualworkshop, der durch die wunderschönen Herbstblätter erst so richtig ergiebig war. Einige bekannte und weniger bekannte Stellen wurden dabei intensiv, fotografisch bearbeitet.
Wie gut das tut, wie Du über Deine Fehler als Profi sprichst.
LG Gregor
Hallo Gregor, hallo Philipp,
manches ist vielleicht nur in den eigenen Augen ein Fehler.
Meine Erfahrung dazu ist: wenn mich in der Natur, also beim Fotografieren, etwas in Farben oder “Anordnung” der Gegebenheiten stört, lösche ich ziemlich sicher diese Fotos auch am PC.
Allerdings gelingt manchmal bei Versuchsserien zu Farben und Formen in kleinen Ausschnitten etwas überraschend Interessantes.
Mit lieben Grüßen, Johanna