Wie die großem Meister*innen
Die entscheidendsten Techniken für hervorragende Bilder gab es bereits schon in der Dunkelkammer, wobei die Vorgänge in diesem Fall deutlich aufwändiger waren als sie es heute sind. Ich selbst habe nie auch nur ein Bild analog entwickelt, habe nicht stundenlang mit giftigen Chemikalien gespielt und tagelang an einem Bild gearbeitet, um dann doch zu bemerken, dass ich neu anfangen muss. Durch die digitale Bildentwicklung ist vieles einfacher geworden und einige überhaupt erst machbar. Einer der größten Vorteile der digitalen Entwicklung ist die Funktion „Rückgängig“. Wenn bei einer analogen Arbeit ein Schritt durchgeführt ist, dann bleibt dieser auch so und kann mit etwas Glück kaschiert werden, doch die digitale Technik ermöglicht uns häufig eine Operation verlustfrei zurückzusetzen. Wenn ich ein Bild entwickle, übertreibe ich nicht selten bei der Einstellung bestimmter Parameter, um diese nachfolgend wieder zu reduzieren. Ich bin sehr glücklich über die Qualität und die Möglichkeiten der digitalen Technik und doch habe ich viel, von den großen Meistern der Fotografie gelernt. Sie haben die Essenz der Bilder auf Licht und Komposition reduziert. Farbe war zu dieser Zeit noch kein Thema.
f/64 Group
Vielleicht sind dir die großen Namen Edward Weston oder Ansel Adams bekannt, die gemeinsam der richtungsweisenden Gruppe f/64 angehörten. Sie waren Verfechter*innen der „straight photography“ und damit wollten sie sich damals von den anderen Medien, wie der Malerei und den Piktorialismus gezielt abgrenzen. Doch der Begriff straight photography soll uns hier nicht täuschen, denn bearbeitet wurde bei den Bildern der alten Meister einiges. Die Fotograf*innen der Gruppe f/64 waren nicht nur Meister*innen der Komposition und des Sehens der Motive, sondern auch Meister*innen der Dunkelkammer. Sie verwendeten Schablonen, Masken und belichteten unterschiedliche Bildbereiche mehrfach. Manche Bereiche des Negativs wurden abgedeckt und die einzelnen Schritte der Bildbearbeitung wurden nicht selten minutiös niedergeschrieben und dokumentiert. Die Technik des Dodging and Burning wurde dazu verwendet um bestimmte Bildbereiche in der Dunkelkammer anders zu Belichten als andere. Dadurch konnten, in einer aufwändigen Folge von vielen Schritten, sehr effektvolle Bilder erzeugt werden.
Dodging and Burning
Bei dieser Methode der Bildentwicklung arbeitest du ausschließlich mit Licht, mit hell und dunkel. Du machst in diesem Fall die Anpassungen deiner Bilder nicht global sondern lokal und erzeugst damit, je nach Wunsch, sehr kontrastreiche Aufnahmen, indem du helle Bildbereiche aufhellst und dunkle Bildbereich abdunkelst. Das mag zu Beginn vielleicht ein wenig kontraintuitiv klingen, jedoch macht es bei genauerer Betrachtung viel Sinn. Durch diesen Effekt kannst du den Kontrast verstärken und somit ein drei dimensionales Bild erhalten.
Mit der Hilfe von Photoshop habe ich eine graue Scheibe gezeichnet und durch gezieltes Hinzufügen heller und dunkler Pinselstriche eine Kugel entstehen lassen. Ganz links befindet sich eine kreisförmige Farbfläche, die keine Kontraste enthält. Es gibt exakt einen Tonwert und würde man an ein Histogramm denken, dann wäre genau ein schmaler Zacken genau in der Mitte zu sehen.
Beim zweiten Beispiel habe ich mit Hilfe eines weißen Pinsels und geringer Deckkraft, scheinbar einen Reflex von hellem Licht auf der rechten oberen Seite entstehen lasse, was der flachen Scheibe bereits eine drei dimensionale Wirkung verleiht, jedoch ist das Ergebnis im unteren Bereich noch nicht zufriedenstellend. Wie würde deiner Meinung nach das Histogramm vom mittleren Kreis aussehen? Genau richtig geraten. Der Peak in der Mitte wäre noch immer am dominantesten, jedoch läuft dieser nun nach rechts, in Richtung helleren Tonwerten sanft aus.
Die schematische Darstellung auf der rechten Seite hat sowohl helle als auch dunkle Bereiche, die ich durch sanfte Pinselstriche hinzugefügt habe. Nun ist die Wirkung einer Kugel, die im Raum Schwebt perfekt. Wenn du nun an ein Histogramm davon denken, sieht es aus wie eine Normalverteilung. Das Zentrum hat die höchste Erhebung und die Kurve läuft nach links und rechts mit einem sanften Schwung aus.
Dodging and Burning in der Praxis
Genauso kannst du bei deinen fotografischen Arbeiten vorgehen, um Dimension zu erzeugen. Die Tiefenwirkung in deinen Aufnahmen hängt stark von Licht und Schatten ab. Manche Bilder haben bereits einen sehr starken Kontrast mit weichem Verlauf, der ein schönes drei dimensionales Bild ergibt und ein anderes Mal, kannst du mit Hilfe von aufhellen und abdunkeln nachhelfen, so wie es auch die Meister*innen der fotografischen Anfänge getan haben. Nimm dir ein Beispiel von ihnen, unabhängig davon ob dich Edward Weston, Ansel Adams oder Imogen Cunningham am Stärksten inspiriert.
Um dir zu zeigen, wie ein Bild aussehen kann das ich ausschließlich mit Hilfe von „dodging and burning“ entwickelt habe, stelle ich diese Vorher/Nachher Aufnahme bereit. Die Aufnahme auf der linken Seite ist exakt das RAW-Bild aus der Kamera, aufgenommen mit einem Polfilter am Objektiv.
Beim fertigen Bild auf der rechten Seite, habe ich als einzige globale Anpassung, eine Korrektur des Weißabgleichs vorgenommen. Alle weiteren Anpassungen habe ich durch sogenannte Korrekturpinsel durchgeführt. Achte auf die Bereiche am Stamm, der im oberen Bereich durch das Bild ragt, hier kannst du deutliche Unterschiede zwischen Hell und Dunkel erkennen. Vor allem die kleinen Zweige, die vom Stamm herausragen, sind deutlich Heller und somit besser erkennbar. Mein Hauptelement ist das Wasser im Hintergrund, was einen weichen Vorhang bildet und durch die Abstufungen der Helligkeit, Dimension erzeugen soll. Damit dieser Effekt stärker wird, habe ich hier sehr viel „Licht“ ins Bild gezeichnet. Ebenso habe ich die Struktur der Steine im Hintergrund verstärkt, um einen zu intensiven Kontrast zwischen Schwarz und Weiß zu vermeiden und die fertige Aufnahme harmonischer zu gestalten. Beide Baumstämme haben zusätzlich, durch Hinzufügen von hellen und dunklen Bereichen, an Struktur sowie Leuchtkraft gewonnen. Allgemein habe ich darauf geachtet, dass das Histogramm möglichst gut ausgenutzt ist und das Bild einen harmonischen Eindruck macht, ohne dass ein Bildbereich besonders Dominant wirkt. Alle Elemente haben ihre Antagonisten.
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