Eigentlich wollte ich mich auf zehn Bilder für diesen zweiteiligen Beitrag beschränken, doch das Jahr war einfach zu spannend und besonders. Viele Geschichten und noch mehr wunderbare Momente sind passiert. Das Jahr 2022 war fotografisch sehr abwechslungsreich und voller schöner Augenblicke in der Natur. Einige Abenteuer die ich in diesem Jahr erleben durfte, sind mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Vor einigen Jahren hätte ich mir nicht zu träumen gewagt, die wunderschönen Länder des Nordens in dieser Intensität zu erleben. Gleich alle Sehnsuchtsorte des hohen Nordens in einem Jahr zu besuchen, ist ein großer Segen wofür ich ausgesprochen dankbar bin.
Island im Winter
Begonnen hat 2022 mit viel Zeit am Computer, denn die Konzeption meines Buches stand an höchster Stelle in der Liste der Prioritäten. Viel Energie und Gedanken gelangten in dieses Projekt. Ende Jänner konnte ich gemeinsam mit meinem Kollegen Alex Müller eine Reise in ein besonderes Land durchführen. Island hat mit seiner weitläufigen Landschaft und ausgeprägten Schönheit einen besonderen Platz in meinem Herzen. Im Winter lässt sich dieses Fleckchen Erde von einer ganz anderen Seite erleben. Raue Winde pfeifen über die Ebenen und Sandstürme hüllen den Himmel in eine dunstig-leuchtende Glocke. In klaren Nächten tanzen die wunderschönen Nordlichter über die Landschaft und auch damit hatten wir bei der Reise viel Glück. Neben diesen bereits erwähnten Besonderheiten war ein Ausflug im Zuge der Fotoreise ein großes Highlight: Der Besuch einer Eishöhle im Süden der Insel stellte ein einzigartiges Erlebnis dar.
Schneeflocke für Schneeflocke wird die Landschaft mit einem weißen Überzug bedeckt und die Schicht wächst und wächst. Die feinen Strukturen der einzelnen Flocken bilden einen Luftpolster, der immer kleiner wird, je mehr Flocken hinzukommen. Mit den Schwankungen der Temperaturen konsolidieren diese Einzelteile zu großen Gebilden und später verbinden sie sich mit dem eiskalten Untergrund. Der Gletscher wächst und durch die Gravitation wandert das gesamte Eismassiv in Richtung geringerer Seehöhe. In unseren Breiten sind noch vereinzelt Gletscher zu finden, die jenseits von ca. 2.500 Metern zu finden sind. Im Südwesten der Insel Island liegt der große Nationalpark Vatnajökull, der in Summe mehr als 20 Gletscherzungen hat, die teilweise direkt auf Meeresniveau in eine Gletscherlagune kalben. Im Sommer schmelzen Schnee und Eismassen und lassen dadurch die Spalten und Höhlen größer werden. Diese sind zur warmen Jahreszeit jedoch unzugänglich. Im Winter schmilzt nur sehr wenig ab und im Idealfall fällt genug Schnee, um die abgeschmolzene Menge wieder auszugleichen. Ein natürlicher Zyklus gigantischen Ausmaßes. Jedenfalls können diese ausgewaschenen Höhlen im Winter begangen werden. Kein komplett risikofreies Unterfangen, doch ein unvergessliches Erlebnis. Wir hatten durch glückliche Planung diese gigantische Höhle fast drei Stunden ganz für uns alleine. Viele wunderbare Bilder entstanden in dieser Zeit und mit diesem Highlight im Gepäck setzte ich voll motiviert meine Arbeit am Buch fort und konnte es um diese Erfahrung erweitern.
Im Februar des Jahres plante ich mit meiner Frau einen Urlaub im Norden Schwedens zu machen. Wir wussten beide, dass es einmal wieder ein Urlaub mit beruflichem Hintergrund sein würde. Ehrlich gesagt, kann ich es mir gar nicht vorstellen an einen schönen Ort zu fahren, faszinierende Natur zu sehen und keine Bilder zu machen. Das weiß natürlich auch meine Frau und zu meinem großen Glück ist sie auch in dieser Hinsicht meine perfekte Begleitung und Unterstützung. Gemeinsam haben wir uns also in den äußersten Norden von Schweden begeben, wo wir in einem Ferienhaus am Pferdehof untergebracht waren. Hier gab es jedoch nicht nur Pferde, sondern auch die Nationaltiere von Schweden.
Die Reise startet mit einer etwas abenteuerlichen Fahrt von Lulea nach Kiruna. Eine fünfstündige Fahrt in der Nacht, voller Schneefall, schlechter Sicht und einigen Rentieren am Straßenrand. Am nächsten Tag wachen wir im Winterwonderland auf. Nach einem ausgedehnten Frühstück beschließen wir den nahegelegenen Wald zu erkunden und entdecken dabei schon die ersten Elche. Die Tiere bewegen sich im Winter nicht weit und schonen ihre Reserven. Im Herbst sollte man den großen Pflanzenfressern nicht zu nahe kommen, da die Männchen zu dieser Zeit besonders aggressiv sind. Zum Glück ist dies im Winter anders und die Tiere lassen sich bei rücksichtsvollem Verhalten kaum stören und vor allem gut fotografieren.
Im tiefen, tiefen Schnee schaut selbst bei diesen gigantischen Tieren nur die Hälfte ihres Körpers heraus und ihre tatsächliche Größe offenbart sich erst, wenn eines von ihnen die Straße überquert. Wenn sie die aufgenommene Nahrung verdauen, liegen sie im weichen Schnee und lassen sich zusätzlich noch von den fallenden Flocken zudecken. Die Isolation ist somit von allen Seiten hervorragend und der Energieverlust wird minimiert.
Noch nie in meinem Leben habe ich so viel Schnee sehen dürfen wie im Norden von Schweden. An einer Stelle verließ ich den Weg, um einen besseren Blick vom Motiv zu erhalten und sank bis über den Bauch in den Schnee ein. Überrascht versuchte ich mich, glücklicherweise erfolgreich, aus dem tiefen Schnee zu befreien und auf den Weg zurückzukehren. Jeder Schritt soll also gut überlegt sein. Die sanfte Schneedecke ließ feine Strukturen und wunderschöne, elegante Linien entstehen. Das subtile Licht war am bewölkten Tag absolut wunderbar und perfekt für dieses Motiv.
Ein großes Huhn
In unseren Wäldern leben ganz im Verborgenen große, flugfähige Tiere, die normalerweise sehr selten zu sehen sind. Auerhähne sind mit den Hühnern verwandt und zur Zeit der Balz sind die männlichen Tiere besonders stolz und selbstbewusst. Durch den exorbitanten Anstieg des Testosteronspiegels verteidigen die großen Vögel ihr Revier gegenüber jedem Eindringling, egal wie groß dieser auch sein mag. Dringt ein Rivale in ihr Gebiet ein, so ist ein Kampf unausweichlich. Es kann dabei so weit kommen, dass nur eines der Tiere überlebt. Sie bearbeiten einander mit Flügelhieben und dem messerscharfen Schnabel. Dem möchte man nicht zu nahe kommen. Wenn du einen Auerhahn in freier Wildbahn begegnest und keine Schläge abbekommen möchtest, kannst du dich früh genug entfernen und immer einen sicheren Abstand halten.
Weiter nach Finnland
Im Sommer steigt die Sonne im hohen Norden weit über den Horizont und die Dauer der Nacht ist äußerst kurz. Wirklich dunkel wird es in dieser Zeit gar nicht und man sieht auch noch in der Nacht genug um Tiere beobachten zu können. Die Bärenmutter ist aufmerksam und hält sich immer in der Nähe der Jungen auf. Bären haben einen sehr ausgeprägten Geruchssinn, können Aas aus mehreren Kilometern Entfernung exakt wittern und aufspüren. Sie haben eine deutlich bessere Nase als beispielsweise die Wölfe. Daher wissen sie auch über die Anwesenheit anderer Artgenossen Bescheid ohne diese tatsächlich zu sehen. Auf freien Flächen sind die Bewohnenden des Waldes auf alle Fälle vorsichtig und lassen sich auf keinen unnötigen Stress oder gar eine Auseinandersetzung ein. Die Mutter mit den beiden Jungtieren ist an diesem Abend genau vor unserem Beobachtungsplatz langsam vorbeigezogen. Dabei konnten wir die kleinen Bärchen ausgezeichnet fotografieren und beim Spielen mit dem Wollgras beobachten.
Unscheinbare Schönheit
Zurück aus dem hohen Norden habe ich etwas Zeit in den heimischen Wäldern, an Flüssen und an kleinen Wasserflächen verbracht. Diesen kleinen Frosch habe ich an einem sehr warmen Tag entdeckt, als wir selbst Zuflucht von der großen Hitze gesucht haben. Das hat sich vielleicht auch der kleine Frosch gedacht, der ohne große Bewegung im kühlen Bach verweilte. Glücklicherweise hatte ich an diesem Tag noch das Makroobjektiv dabei um die Details dieses geduldigen, kleinen Freundes einfangen zu können. Die wunderschön leuchtenden Augen haben mich besonders fasziniert. Vielleicht kennst du meine Aufnahme *Mosaic Frog* schon? Darauf ist derselbe Frosch zu sehen, nur in einer anderen Ausprägung.
Schroffe Dolomiten im Sturm
Jährlich zu meinem Geburtstag wünsche ich mir einen kleinen Ausflug mit meiner Frau und meistens sind wir in Österreich unterwegs. Manchmal gehen wir auf einen Berg oder fahren in eine Region, die für uns noch neu ist. Dieses Jahr habe ich mir die Dolomiten gewünscht, denn auch diese Gegend wäre eine sehr lohnende Location für eine Fotoreise. Von einem beeindruckenden Ausblick an einem gut geschützten Platz, konnten wir nach dem Essen das herannahende Gewitter beobachten. Die dramatischen Wolken verhüllten die Spitzen der Berge, bevor sie wenige Augenblicke später wieder frei gegeben wurden. Der Platz wäre ideal gewesen um auch Blitze zu fotografieren, doch diese waren leider zu weit entfernt. Bei dieser Aufnahme habe ich mich für ein Panorama entschieden, um die langgezogene Bergkette mit den darüberliegenden Wolken einrahmen zu können.
Österreichs Bergwelt
Ein weiteres Highlight des Jahres war ein Ausflug auf den Eisenerzer Reichenstein, auf dem ich sehr gerne Tiere und die schöne Bergkulisse fotografiere. Der Ausblick auf die umliegende Landschaft ist besonders beeindruckend und durch den Schutz der Hütte ist auch bei Regen oder schlechterem Wetter ein schönes Erlebnis. Die raue Natur offenbart sich auf über 2.000 Höhenmetern in all ihrer Kraft. Kurz vor Sonnenuntergang zog eine Reihe von Unwettern vorbei und das Licht entfaltete sich sehr intensiv hinter dem Regenvorhang. Die Berge des Nationalparks Gesäuse und der Grimming stellen zwei markante Bildpunkte dar.